25. Juli 2021
25. Juli 2021 - Ein Freund fordert mich dazu auf, unbedingt auch einmal von zwischenmenschlichen Erlebnissen in meinem Blog zu erzählen. Das fällt mir jetzt nach dem noch relativ kurzen Aufenthalt hier auf der Insel natürlich noch schwer. Aber das ein oder andere könnte ich vielleicht doch schon erwähnen: Sowohl das letzte Mal im Mai, als auch jetzt wieder im Juli habe ich/ haben wir, Chris und ich, ganz erstaunlich schnell Kontakt zu den Menschen hier bekommen. Das erzeugte in mir gleich so ein heimelig-warmes Gefühl und es hat uns beide jedesmal wirklich völlig überrascht und begeistert! Ich bin ja eher schüchtern und tue mir leider etwas schwer damit, neue Leute kennenzulernen - Chris dagegen ist da ganz anders: er kann mit Leichtigkeit auf Leute zugehen... aber so war es nicht, als wir hier zum ersten, nein zum wiederholten Male, Kontakt zu netten Venezianern bekamen. Immer wieder gehen Menschen, die hier leben, ganz unerwartet auf uns zu! Ist das nicht ganz erstaunlich? Im Mai schon - als man gerade wieder, aber noch mit großen Einschränkungen nach Italien reisen konnte und wir das erste Mal auf der Giudecca wohnten, aber mehr im Neubaugebiet nahe der äußeren Lagunen-Seite, da hatten wir die erste solche Begegnung. Als wir beim Verlassen unserer Wohnung dort im 2. Stock durchs Treppenhaus gingen, sah ich durch das große Fenster im Zwischengeschoss und da fiel mein Blick auf den gegenüberliegenden kleinen Vorgarten, in dem eine Gruppe von vielleicht fünf oder sechs Menschen in augenscheinlich gemütlicher Vertrautheit um einen Tisch herum saßen. Da mich dieses Bild von oben ad hoc mit Sehnsucht erfüllte, nach dem langen Verbot, sich mit mehreren Menschen gleichzeitig in fröhlicher Runde zu treffen, machte ich spontan ein Foto. Es sah eigentlich nicht so aus, als ob einer der Menschen da unten das bemerkt hätte, aber es passierte doch, dass sich in dem Moment, als wir die Haustür hinter uns schlossen, die Gartentüre gegenüber öffnete und wir mit großer italienischer Herzlichkeit eingeladen wurden, hereinzukommen und uns mit an den Tisch zu setzen. Nur zu gerne folgten wir der Einladung und nahmen auf den schnell herbeigeholten Stühlen ebenfalls Platz am großen Tisch, wo uns sofort ein gefülltes Weinglas vorgesetzt wurde. Natürlich wurde angestoßen, jeder stellte sich kurz vor und wir beide mussten erzählen, wann und wieso wir hergekommen waren, wie lange wir bleiben wollten und was wir so alles vorhätten. Wir gaben gerne Auskunft und erzählten, da einer in der Runde deutsch verstand, eine Dame gut Englisch sprach und ich zum ersten Mal ein paar Brocken Italienisch anbringen wollte, in drei Sprachen durcheinander. Es war herrlich! Es kam soviel Gastfreundschaft und ehrliches Interesse aneinander rüber und die Stimmung war einfach fantastisch. Nach etwa einer Stunde verabschiedeten wir uns mit großem Hallo und vielen guten Wünschen. Wir vereinbarten auch gleich, uns im Sommer unbedingt wiederzusehen und dann gemeinsam - wie die Nachbarn im Viertel das hier regelmäßig tun - direkt am Wasser im Sonnenuntergang über der Lagune eine Art Picknick zu veranstalten, zu dem einfach jeder einen Stuhl zur Kaimauer mitbringt, dazu Wein und Leckereien zum Verteilen. Diese Szene blieb uns als wichtige Erinnerung unseres ersten Aufenthalts auf der Giudecca eingebrannt im Gedächtnis und selbstverständlich werden wir die neugewonnenen Freunde demnächst wieder aufsuchen. Schon am dritten Tag unseres Aufenthalts jetzt im Juli hier auf "unserer" Insel gleich wieder ein Kennenlernen. Auf dem Weg zum Vaporetto wurden wir in einer kleinen Seitengasse spontan von einem netten Herrn angesprochen und in seinen schönen kleinen privaten Garten auf ein Bier eingeladen. Dieses Mal bekamen wir von einem begeisterten Kunsthistoriker, wie sich herausstellte, viele wertvolle Tipps, was wir auf der Giudecca nicht versäumen dürften, zu besichtigen. Kaum um die Ecke auf der Fondamenta (Uferpromenade) am Giudecca Kanal angekommen, wurden wir schon wieder angesprochen: dieses Mal war es eine sehr sympathische und besonders gut gekleidete ältere Dame, eine Deutsche aus dem Schwarzwald, die sich als die Ilse vorstellte. Weil sie uns deutsch sprechen gehört hatte und sich gerne einmal wieder in ihrer Muttersprache unterhalten wollte, erklärte sie, hat sie uns angesprochen. Freundlich erzählte sie uns, wie es sie vor 50 Jahren nach Venedig verschlagen hatte, weil sie ihren Mann hier kennengelernt hatte und dass er nach der Heirat partout nicht mit in ihre Heimat nach Deutschland kommen wollte, dass so auch ihre Kinder hier aufgewachsen sind und sich diese als Erwachsene ganz in der Nähe, in Venedig, niedergelassen haben. Ich weiß nicht, ob wir beide etwas Besonderes ausstrahlen, was immer wieder zu solch schönen Begegnungen führt, aber ich will jetzt erst einmal glauben, dass es einfach an der Gastfreundschaft der Guideccaner, oder der Italiener liegt, dass wir so leicht Anschluss kriegen. Auf jeden Fall erzeugt es in mir immer mehr ein Gefühl von willkommen-Sein und genau das habe ich mir natürlich sehr gewünscht, als ich jetzt wieder ...und dieses Mal für länger... hier auf die Insel kam.