Sant‘ Eufemia
27. Juli 2021 -
Ich sitze wieder einmal auf einer Kirchenbank, und eigenartigerweise fühle ich mich wohl.
Diese kleine, von außen ganz unscheinbar wirkende uralte Kirche "Sant‘ Eufemia", die aus dem 18. Jahrhundert stammt - ein einfacher Bau im romanischen Stil auf der Giudecca - erscheint mir innen so anders, als all‘ die anderen gruftig-dunklen katholischen Kirchen, die ich so kenne. Inzwischen mache ich um katholische Kirchen im Allgemeinen ja einen großen Bogen, da mir bei jedem Besuch - wo auch immer in der Welt - sofort alles Erdrückende aus meiner Kindheit hochkommt und ich an die unzähligen Sonntage denken muss, an denen ich bis hin zur Pubertät wöchentlich eine heilige Messe absitzen musste.
Hier wähne ich mich in einer kleinen schnuckeligen Dorfkirche. Hier fühle ich mich irgendwie wohlig „daheim“. Hier ist es hell und freundlich, es gibt viele Stuckarbeiten an den Wänden und goldglänzende Barock-Verzierungen und nicht der Gekreuzigte (dieses grässlich brutale Symbol der katholischen Kirche) herrscht hier vor, sondern mir fallen die zahlreichen Bilder und Darstellungen von Frauen auf! Sogar das Altarbild ganz vorne zeigt eine ganze Reihe von Frauen. Wenn ich mich umsehe, entdecke ich überall Fenster, helle Fenster, die mir wie Verbindungen nach draußen zur Welt vorkommen.
Eigentlich mag ich die meisten sakrale Bilder und Figuren überhaupt nicht - nur zu Maria, der „lieben Frau“, habe ich eine gute Beziehung.
Nicht nur in Italien, auch beispielsweise in Griechenland gefallen mir oft die Marienbilder in den Kirchen und genauso zieht mich nun auch diese Maria sofort in ihren freundlich-beschützenden Bann.
Wie ich hier so meditiere, weiß ich plötzlich, woran mich diese Marien-Darstellungen, die ich eigentlich sogar kitschig finde, erinnern:
Im Schlafzimmer meiner geliebten Großeltern nämlich hing so ein Heiligenbild in einem großen goldenen Rahmen an der Wand, das in meinen Kinderaugen wie aus einem schönen Märchen stammte. Wenn mir mein Großvater damals abends vorm Einschlafen das Bäuchlein massierte, dann fiel mein Blick immer genau auf dieses Bild und ich fühlte mich ein bisschen wie im Himmel!
Dieses sanfte Streicheln war ja eine der wenigen Zärtlichkeiten, die ich als Kind erhielt. Unter der großen Federbettdecke bei meinem Opa fühlte ich mich warm und geborgen und spürte seine bedingungslose Liebe ganz ohne große Worte.
Ja klar, ich bin melancholisch oder sogar melodramatisch, denn während ich jetzt heute hier an meinem Wunschtraum-Ort in meiner Lieblingskirche, der Sant’ Eufemia, sitze und mir dieses Wohlgefühl wieder "hochhole", kommen mir die Tränen.
In diesem Moment hätte ich gerne, dass meine Großeltern noch am Leben wären und ich mich noch ein einziges Mal an sie kuscheln könnte wie damals... dabei bin ich jetzt mit 68 längst selbst reif eine Großmutter zu sein.






